Erbgänge und genetische Krankheiten beim Labrador
- Oakmore – Labrador Retriever
- 13. März
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 16. März
Genetische Erkrankungen kommen in jeder Hunderasse vor, unterscheiden sich jedoch in ihrer Art, Häufigkeit und Vererbung. Während einige Krankheiten rassenübergreifend auftreten, gibt es auch solche, die nur für bestimmte Rassen typisch sind.

Jede Zelle eines Hundes enthält 78 Chromosomen (39 Paare). Eines dieser Paare sind die Geschlechtschromosomen (Hündinnen XX, Rüden XY), die das Geschlecht bestimmen, die restlichen 38 sind Autosomen, auf denen die meisten Erbinformationen liegen.
Gene sind Abschnitte der DNA, die bestimmte Merkmale oder Funktionen steuern. Jedes Gen liegt in zwei Varianten vor (eine vom Vater, eine von der Mutter). Diese Varianten nennt man Allele.
Sind beide Allele gleich, nennt man das homozygot (reinerbig).
Sind beide Allele unterschiedlich, nennt man das heterozygot (mischerbig).
Die Vererbung erfolgt nach bestimmten Regeln:
Dominante Allele setzen sich durch.
Rezessive Allele zeigen sich nur, wenn sie doppelt vorliegen, weil dann kein dominantes Gen vorhanden ist.
Genmutationen können zu Erbkrankheiten führen, die oft durch Gentests nachweisbar sind.
Während monogene Krankheiten durch eine einzige Mutation entstehen, sind polygene Krankheiten komplexer und hängen von mehreren Genen sowie Umweltfaktoren ab.
Autosomal-rezessiver Erbgang
Bei einem autosomal-rezessiven Erbgang ist das normale Gen dominant, während das mutierte Gen rezessiv ist. Ein Nachkomme muss die defekte Genvariante von beiden Elternteilen erben, um zu erkranken. Trägt er nur eine mutierte Kopie, bleibt er selbst gesund, kann aber das defekte Gen an seine Nachkommen weitergeben.
Bedeutung für die Auswahl eines Deckrüden:
Trägt die Hündin ein mutiertes Gen (Trägerin), sollte sie mit einem frei getesteten Rüden verpaart werden, um erkrankte Nachkommen zu vermeiden.
Ist die Hündin genetisch frei, kann sie entweder mit einem freien Rüden oder einem Träger verpaart werden. Freie Rüden wären jedoch zu bevorzugen, wenn alle anderen Faktoren gleichermaßen passen.
Beispiele für autosomal-rezessiv vererbte Erkrankungen beim Labrador:
Prcd-PRA (Progressive Retinaatrophie)
CNM (Zentronukleäre Myopathie)
EIC (Exercise Induced Collapse)
SD2 (Skelettdysplasie 2)
HNPK (Hereditäre nasale Parakeratose)
DM (Degenerative Myelopathie)
NARC (Narkolepsie)
STGD (Stargardt-Disease)

Autosomal-dominanter Erbgang mit vollständiger Penetranz
Bei einem autosomal-dominanten Erbgang mit vollständiger Penetranz reicht eine einzige Kopie des mutierten Gens aus, um die Krankheit auszulösen. Das bedeutet: Ist ein Elternteil Träger, ist er selbst betroffen, und 50 % der Nachkommen werden die Mutation erben und ebenfalls erkranken.
Bedeutung für die Auswahl eines Deckrüden:
Ist die Hündin genetisch frei, sollte ausschließlich ein ebenfalls frei getesteter Rüde zur Verpaarung gewählt werden.
Besitzt die Hündin eine mutiertes Genkopie, ist sie betroffen (auch wenn sich die Krankheit eventuell noch nicht gezeigt hat). Sie sollte nicht zur Zucht eingesetzt werden, da selbst mit einem freien Rüden 50% der Nachkommen betroffen wären.
Die in der folgenden Darstellung enthaltene Verpaarung zwischen zwei betroffenen Tieren (jeweils mit zwei mutierten Genkopien) ist in der Praxis meist nicht relevant. Hunde mit zwei mutierten Genkopien erkranken oft so früh und schwer, dass sie das fortpflanzungsfähige Alter gar nicht erst erreichen.
Beispiele für autosomal-dominant vererbte Erkankungen beim Labrador:
MH (Maligne Hyperthermie)
EDS (Ehlers-Danlos-Syndrom)
AxD (Alexander-Krankheit)

X-chromosomal-rezessiver Erbgang
Bei einem X-chromosomal rezessiver Erbgang liegt das verantwortliche Gen auf dem X-Chromosom und wird rezessiv vererbt wird. Um den Phänotyp (z. B. eine Krankheit) zu zeigen, muss eine Hündin zwei Kopien des mutierten Allels besitzen (jeweils eines von beiden Elternteilen). Ein Rüde hingegen benötigt nur eine Kopie des mutierten Allels, da er nur ein X-Chromosom hat (das andere Chromosom ist ein Y-Chromosom).
Rüden können das mutierte Allel nur an ihre weiblichen Nachkommen weitergeben, während Hündinnen das mutierte Allel sowohl an ihre Söhne als auch an ihre Töchter vererben können.
Erbt ein männlicher Nachkomme das mutierte Allel von seiner Mutter, ist er immer betroffen, weil er nur ein X-Chromosom hat. Eine Hündin hingegen kann auch Trägerin des mutierten Allels sein, ohne die Krankheit selbst auszubilden, solange sie nur ein mutiertes Allel erbt.

X-chromosomal-dominanter Erbgang
Bei einem X-chromosomal-dominanten Erbgang liegt das verantwortliche Gen ebenfalls auf dem X-Chromosom, wird aber dominant vererbt. Somit benötigen hier auch die Hündinnen nur ein mutiertes Allel um betroffen zu sein.

Bedeutung für die Zucht
Das Verständnis der Vererbungsmechanismen ist essenziell für eine verantwortungsvolle Zucht. Die Zuchtplanung ist daher insgesamt eine anspruchsvolle Aufgabe, bei der viele Faktoren berücksichtigt werden müssen. Neben der Gesundheit der einzelnen Tiere spielen genetische Veranlagungen, Vererbungsmechanismen und die langfristige Entwicklung der gesamten Population eine entscheidende Rolle.
Genetische Tests bieten eine wertvolle Möglichkeit, bekannte Erbkrankheiten gezielt zu vermeiden. Allerdings gibt es nicht für jede Erkrankung zuverlässige Tests und auch die Wechselwirkungen verschiedener Gene sind oft nicht vollständig erforscht.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die genetische Vielfalt. Ein zu strikter Zuchtausschluss bestimmter Tiere könnte die genetische Vielfalt der Rasse zu stark verengen und langfristig andere gesundheitliche Probleme durch Inzucht begünstigen. Deshalb sollte der Inzuchtkoeffizient (COI) über 10–12 Generationen hinweg berechnet und unter dem Durchschnitt der Rasse gehalten werden. Zusätzlich sollte darauf geachtet werden, dass in den ersten 4–5 Generationen keine neuen Doppelungen von Ahnen auftreten, um die genetische Vielfalt zu erhalten.
Da es demnach nicht die perfekte Zuchtstrategie gibt, ist es wichtig, verantwortungsbewusst abzuwägen und einen Weg zu wählen, der die Gesundheit der Hunde und die Vielfalt der Rasse bestmöglich erhält. Durch eine Kombination aus genetischen Tests, Gesundheitsuntersuchungen und einer durchdachten Auswahl der Verpaarungen kann jeder Züchter dazu beitragen, die Zucht in eine positive Richtung zu lenken.
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